Briefmarken-Ratgeber
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Aktuelle Situation
Die aktuelle Situation entbehrt nicht einer gewissen Komik. Jede der involvierten Stellen kennt die Probleme, weiß etwas dazu zu sagen, kennt sicher auch die Ursachen und stellt trotzdem fest, daß der Andere, mit Sicherheit aber der Sammler die Schuld daran trägt.
Daß die Kids nicht zum Briefmarkensammeln fänden, läge daran, daß sie zuviel vorm Computer hocken (gerade dieser Tage wurde festgestellt, man höre und staune, daß sehr viele dieser IT-Interessierten Kids Bücher lesen!!), die Sammler würden zu viele "Schnäppchen" kaufen, weswegen sie sich nicht wundern dürfen, daß ihre Sammlung nichts taugen, der Handel (der stationäre wie auch der Versandhandel) aber erfüllt ja nur die Wünsche des Kunden, die Albenhersteller müssen das weiterliefern, was der Kunde vor vielen Jahre begonnen hat - und nun weiterpflegen muß, die Kataloghersteller leben auch nur vom Verkauf ihrer Produkte und überhaupt ist der Wunsch des Kunden am allerwichtigsten.
Für den Papierkorb !
Die Auktionshäuser melden immer tollere Umsätze, die Fachzeitschriften pflegen die Geschichte, bieten Neuausgaben breiten Raum, hofieren Ausgabeländer ebenso wie die Auktionshäuser und, man höre und staune, schalten Inserate für Briefmarkenreparaturen (Zähne ansetzen, Löcher stopfen, Neugummierung usw.). OK, so eine Zeitschrift lebt von den Inserenten, aber Werbung für Manipulationen an Briefmarken in einer Briefmarken-Zeitschrift ist blanker Hohn! Dann darf man sich nicht wundern, daß bei Internet-Auktionen fleißig, und auch zu guten Preisen, beschädigte und gefalzte "bessere" Werte ersteigert werden. Was kann denn an einer Reparatur falsch sein, wenn die "Fachleute" dafür werben? Und davon, daß von Sammlervereinen irgendwelche Initiativen ausgingen, habe ich auch noch nichts gehört. Ist es dort immer noch so, wie ich es erlebt habe, daß sich die "gediegenen" Sammler zu einem gemütlichen Abend bei Wein und politischer Diskussion treffen? Daß dem Jungsammler, bewußt oder unbewußt, das Gefühl vermittelt wird, er sei noch endlos von der "Vollkommenheit" entfernt?
Die vielen Aktionisten, die dankenswerterweise mitdenken und mithandeln, sich bemühen, etwas auszurichten, scheitern aber letztendlich auch an der Lobby.
Das ist eine Ebene, auf der sich die "Philatelie" darstellt und abspielt. Eine, die mit der zweiten, der der einfachen Sammler, nur partiell zu tun hat, oder haben möchte - oder auch nicht. Für diese zweite Ebene wird massenhaft "sammelnswertes" PRODUZIERT, seltenes, limitiertes, preisgünstiges - und gut verkauft. Das "abgeladen", was anderweitig nicht unterzubringen ist.
Bis heute gibt es kein durchgehendes Regelwerk, das die Interessen dieser Klientel berichtigen könnte, oder gar berücksichtigt. Man hat den Eindruck, das ist weder erwünscht noch möglich, denn es würden ja dadurch die Usancen, die Üblichkeiten dieses an sich sehr schönen Hobbys durchlöchert wie ein Schweizer Käse.
Fehlende "Geburtenhäufigkeit" ist nicht alleine der Grund, warum der Nachwuchs fehlt. Es ist vor allem die Unfähigkeit der Etablierten, diesen Markt so interessant und ehrlich zu gestalten, daß sich dieser dazu hingezogen fühlt. Also hat man regelmäßig wiederkehrend Grund, über mangelnden Nachwuchs zu klagen. Dann passiert das, was auch in der Politik immer wieder passiert, wenn Probleme auftauchen: Aktionismus! Da werden einmalig Beiträge von Spezialisten veröffentlicht, die es genau wissen, warum das so ist. Ich erinnere mich an einen Beitrag zu diesem Thema, in dem empfohlen wird, was ja prinzipiell in Ordnung ist, sich zu konzentrieren. Er habe sich auf den Satz einer Kriegsaugabe von Bayern konzentriert, die es in unterschiedlichen Papierqualitäten und vielen Druckunterschieden gäbe (sehr ausführlich!). Das ist für einen, ich nehme mal an, 10-jährigen, auch nicht gerade die Lösung? Und, man hört es immer wieder, die "Jungen" hocken zuviel vorm Computer? Ja kann man den PC und das Briefmarkensammeln nicht zueinander bringen? Wahrscheinlich ist es so, daß eine "Puffergeneration" nicht in Lage ist oder ablehnt, sich darauf umzustellen, also nicht empfehlen kann, was sie nicht versteht. Es werden zwei oder drei Leserbriefe veröffentlicht, eine Jugendaktion - und vergessen ist der fehlende Nachwuchs. In ein paar Jahren stellt man dann wieder fest, der Nachwuchs fehle - und das ganze beginnt von vorn. Ich möchte viele dieser Aktionen nicht kleinreden, wirklich etwas ändern kann man aber nur, wenn sich das System ändert, wenn die Übergänge nahtlos werden, quasi eine Zertifizierung erfährt, Nachhaltigkeit.
Es wäre endlich nötig, daß der Handel kapiert, daß er die schlechten Voraussetzungen selbst schafft, sich selbst das Wasser abgräbt. Er verkauft Dinge, die er unter gar keinen Bedingungen zurückkaufen würde. Legt den Grundstein für Unzufriedenheit. Er ist doch der Spezialist, der Profi. Warum sagt er seinem Kunden nicht, was Schrott ist, und von was er die Finger lassen sollte? Ich denke an 50 Jahre ABO-Neuheiten, die heute nicht das Schwarze unter den Fingernägeln wert sind. Und das wird sich auch in den nächsten 100 Jahren nicht ändern.
Nicht ein einziger Sammler hat die "Philatelie-Akademie" besucht, ehe er das Sammeln beginnt. Es gibt nicht mal ein Regelwerk, in dem man nachblättern könnte. Er ist also auf eigenes Empfinden (immer ohne Wissen) - und auf die "gestandenen" Ratgeber angewiesen. Da sehe ich den Handel, gleich welcher Couleur, die Phila-Presse, die Postverwaltungen, die Zubehör-Hersteller ebenso wie die Katalogherausgeber in der Pflicht. Die Ratschläge, die von dort kommen pflegen jedoch zuallererst den eigenen Habitus. Allein, wenn ich sehe, mit welch im Grunde genommen durchsichtigen Mitteln die Post werbemäßig gegenüber dem Sammler agiert, graut es einem: eine millionenfach vorhandene Marke mit "teuren" der Anfänge der BRD zu vergleichen und schlimmstenfalls einem Jugendlichen zu suggerieren, welch tolle Entwicklung "wahrscheinlich" sein könnte.
Ja, und deswegen möchte ich einfach mal auf diese "untere" Ebene der Philatelie (oder sind das, wie eine Fachzeitschrift vor einiger Zeit schrieb, für die "wahren" Philatelisten nur Briefmarkensammler?) eingehen, zu der ich auch gehöre. 67 Jahre alt, liebe ich seit über 50 Jahren diese Hobby, habe mich lange Jahre gutgläubig an denen ausgerichtet, die nur mein Bestes wollten - und lange Zeit auch bekamen. Ich war allerdings nie Auktionsgänger, es sollte immer nur mein "kleines" und schönes Hobby sein.
Gutgläubigkeit in Verbindung mit meinem Hobby gibt es für mich nicht mehr. Heute lebe ich meine Art des Sammelns - und die kollidiert mächtig mit den gewachsenen Strukturen - wäre aber, so glaube ich, auch eine Chance für dieses Hobby.
Meine Regeln sind nichts Neues, und schon gar nicht meine Erfindung - sollten aber an sich allgemeine Gültigkeit haben. Allerdings werden sie nicht mit der notwendigen Hartnäckigkeit publiziert und umgesetzt.
Lassen Sie mich an ein paar Beispielen aufzeigen, was ich meine. Bei allem, was gesammelt wird, ist für eine Nachfrage das Interesse einer mehr oder minder großen Sammlerschaft nötig. Ein wesentlicher Orientierungspunkt ist dabei der mögliche finanzielle. Wer Oldtimer oder klassische Gemälde sammelt kann wohl relativ problemlos hohe Beträge aufwenden. Die erstandenen Objekte sind meistens Unikate, die jeden anderen Sammler prinzipiell auch interessieren. Der Münzen- oder Briefmarkensammler trägt Objekte zusammen, die in ihrem Ursprung (fast immer) Massenware, vor allem Gebrauchsobjekte sind, die für die überwiegende Bevölkerung keinen Wert darstellen, es sei denn, den nominalen.
Bei allen Sammlern jedoch ist (oder sollte) Qualität die wichtigste Voraussetzung für Sammelwürdigkeit.
Bei allen Sammlern?
Nein! Beim Briefmarkensammeln ist das tatsächlich überwiegend nicht der Fall. Da meint man, Briefmarke ist Briefmarke. Egal, wie sie aussieht, sie wird gekauft, wird gesammelt. Im Gegenteil, wenn man Sonderangebote oder Schnäppchen bekommen kann, ist man glücklich. Da werden in großem Stil Stückzahlen gekauft und gehortet, die in ihrer schieren Menge, die Zahl derer, die als Sammler in Frage kommen, bei weitem übersteigt. Da hat ein Sammelobjekt dann nur noch reinen Materialwert - und der Papierpreis ist derzeit im Keller. Noch schlimmer ist es beim gebrauchten Zustand des Sammelobjekts: da spielt Qualität offensichtlich überhaupt keine Rolle mehr, es wird gesammelt was man bekommen kann. Wichtig scheint nur, die Lücke ist gefüllt, die Alben voll. Bewertung siehe oben.
Aber HALT! Dann steigert man sich doch noch in einen ungeahnten Qualitätswahn: zur Aufbewahrung dieser "Schätze" wird in Alben und Album-(Vordruck)-blätter investiert, die häufig wertvoller sind, als ihr Inhalt, und, welch ein Hohn, bei einem eventuellen Verkauf der Sammlung völlig unberücksichtigt bleiben.
Jetzt könnte der Einwand kommen, man sammle nicht wegen der Katalogpreise, nicht wegen eines eventuellen späteren Verkaufs, sondern aus reinem Idealismus. Da meine ich, daß spätestens mit dem ernsthaften Betreiben dieses Hobbys und dem Zukauf von Marken zur Ergänzung der Sammlung, dies in Überlegungen und Erwartungen automatisch einfließt - umindest einfließen sollte! Auf jeden Fall aber in fortgeschrittenem Alter - und auch Erben meinen, da steckt mehr drin. An was soll man sich sonst auch orientieren? Und es ist ja auch legitim. Man muß doch nicht zwanghaft eine Sammlung auf wertlosem Niveau halten.
Bei all dem ist keinerlei Hohn vorhanden, denn ich habe selbst viele Fehler gemacht. Ich hätte gerne, daß sich das auch beim letzten Sammler noch ändert.
Nicht sammelwürdig !
Warum also nicht gleich richtig sammeln. Dazu gibt es viele Wege. Einer ist, sich nicht mehr manipulieren zu lassen, statt dessen den Kopf einzuschalten, zu überlegen und zu beachten, was logisch ist, was sinnvoll - und, was die Spitzenphilatelie so macht, was Erfolg, gleich in welcher Art, bringt. Das ist auf allen Ebenen der Philatelie möglich, nicht nur dort, wo man die blaue Mauritius regelmäßig zu sehen bekommt.
Mein Weg ist einer von vielen, von dem ich berichten möchte. Er basiert auf der Konzentration und in IHR der Diversifikation - und, am Wichtigsten, auf absolutem Qualitätsdenken!
Das was ich tue, kann man spielend auf Hunderte anderer Gebiete weltweit übertragen. Allein Deutschland bietet eine Riesenzahl an Möglichkeiten. Man denke nur an die DDR, die, momentan "out", billig zu bekommen ist. Aber der Michel sagt auch hier: im Postgebrauch abgestempelte Marken sind gegenüber gefälligkeitsgestempelten oft doppelt so teuer! Man kann sich aber auch mal die Nachkriegsausgaben des Saarland, Rheinland-Pfalz, Württemberg oder Baden anschauen - auch hier sind Geheimnisse zu entdecken.
Meine Konzentration gilt Berlin - und dort besonders der gestempelten Erhaltung. Ein Vergnügen der besonderen Art, das mich nun schon seit vielen Jahren begleitet und begeistert. Bis 1955 sind die Preise zu Recht teilweise ganz schön gesalzen, ab diesem Jahr jedoch liest man fast nur noch von Spottpreisen. Das große Problem ist: setzt man höchste Qualitätsansprüche an, fehlt das Angebot fast völlig - und genau darin liegt der ungeheurere Reiz speziell in diesem Gebiet.
In einem Punkt sollte man jedoch immer auf dem Teppich bleiben: Mit Briefmarken macht man selten das große Geschäft. Ich denke, das ist auch nicht der Reiz dieses wunderschönen Hobbys. Den bezieht es, neben vielen anderen Gründen, aus der Spannung, der Entwicklung, der tollen Beschäftigung, des erworbenen Wissens, der Schönheit der Marken, und nicht zuletzt, aus einer mehr oder weniger positiven wertmäßigen Entwicklung - auf jeden Fall auf einem Niveau, das den Wieder- oder Weiterverkauf ermöglicht. Das ist auch ohne die großen oder ganz großen Investitionen möglich, die Qualität muß halt stimmen. Vielleicht sind meine Beispiele für Sie interessant, vielleicht ist aber auch für Sie Berlin so faszinierend wie für mich. Wunderbare Möglichkeiten sind dort jedenfalls noch viele zu finden.